Was für ein Bild von Kirche!
Was für ein Bild von Kirche!
Gedanken zur Lesung am 3. Sonntag i. J. 1 Kor 12, 12 – 31a
Wenn wir jetzt mal ein Bild von Kirche malen sollten, was würden wir auf´s Papier bringen? Die meisten würden wohl eine Kirche zeichnen, vielleicht sogar unsere Wallfahrtskirche. Ein Gebäude also mit Turm und Kirchenschiff. Der Begriff „Kirche“ ist für viele zu einem statischen Begriff geworden. Entweder es wird ein Kirchenbau darunter verstanden oder eine Institution. Die „Institution Kirche“ halt.
Der Apostel Paulus hat in der Lesung auch ein Bild von Kirche entworfen. Herausgekommen ist: ein Leib. Vielleicht sind wir überrascht… Aber genau dieses Bild entwirft der Apostel Paulus in seinem Brief an die Gemeinde in Korinth – eine Multi-Kulti-Metropole. Kirchengebäude gab es noch lange nicht. Dafür aber Menschen mit ganz unterschiedlichem „Background“, die sich für das Christentum interessiert haben. Ihnen versucht Paulus das Prinzip von „Kirche“ zu erklären. Und das ist ihm überzeugend gelungen!
Schauen wir uns dieses Kirchenbild einmal näher an: Ausgiebig zeichnet Paulus einen Leib mit seinen vielen Gliedern. Und jedes hat seine ganz bestimmte Aufgabe, auf die der Leib nur schwerlich verzichten kann. Ein Auge ist schließlich kein Ohr. Wir merken sofort, wie sehr dieses Bild für Kirche passt. Nicht so sehr für das Gebäude oder die Institution. Dafür umso mehr für das, was wir lebendige Gemeinde nennen. Alle, die zu ihr gehören, werden auch von ihr gebraucht. Auf jeden einzelnen kommt es. So wie man einen Arm nicht einfach „stilllegen“ kann, so kann es auch keine passiven Christen geben, die ihre Mitgliedschaft ruhen lassen. Das wäre eine Behinderung!
Es gibt auch keine Unterschiede in der Wertigkeit. Das eine ist nicht „mehr wert“ als das andere. Im Gegenteil sagt Paulus: „Gerade die schwächer scheinenden Glieder des Leibes sind unentbehrlich“ (1 Kor 12, 22). Stimmt! Die mikroskopisch kleinen Sinneshärchen im Bogengang des Innenohrs sind mindestens ebenso wichtig für unsere Standhaftigkeit wie ein ganzes Bein.
Die Christen in Korinth haben diese radikal neue Sicht wohl sofort verstanden und sich darüber gefreut: so verschieden wir auch sein mögen, wir sind alle gleich an Wert und Würde. Diese einigende Kraft christlichen Glaubens war und ist bemerkenswert: Juden und Griechen – zwei Welten – Sklaven und Freie -was für ein Unterschied-, sie werden in einem Atemzug genannt. Denn sie alle gehören kraft der einen Taufe zu dem einen Leib, weil sie zu Christus gehören. Woher sie auch immer kommen, weil sich zu Christus kommen. Wer heute in Berlin in die Heilige Messe geht, wird –wie damals in Korinth- die halbe Welt versammelt sehen. So international ist die Kirche. Katholisch – weltumfassend eben.
Aber das alles läuft nicht auf Gleichmacherei hinaus. Schließlich hat jeder seine bestimmte Aufgabe. Und die gilt es zu entdecken und wahrzunehmen. „Wenn der ganze Leib nur Auge wäre, wo bliebe dann das Gehör? Wenn er nur Gehör wäre, wo bliebe dann der Geruchssinn? Nun aber hat Gott jedes einzelne Glied so in den Leib eingefügt, wie es seiner Absicht entsprach“ (1 Kor 12, 17, f.). Das nennen wir „Berufung“ in der Kirche.
Wo ist mein Platz in der Kirche? Nicht weil ich ihn mir selbst ausgesucht hätte, sondern weil Jesus Christus ihn für mich vorgesehen hat. Auch das gehört zu meiner Berufung in der Kirche: Ich habe sie mir nicht einfach selbst gegeben; sie wurde mit anvertraut. Ich bin von Gott berufen. „So hat Gott in der Kirche die einen erstens als Apostel eingesetzt, zweitens als Propheten, drittens als Lehrer; ferner verlieh er die Kraft, Machttaten zu wirken, sodann die Gaben, Krankheiten zu heilen, zu helfen, zu leiten, endlich die verschiedenen Arten von Zungenrede“ (1 Kor 12, 28 f.).
Wie viele Aufgaben gibt es in unserer Gemeinde! Sagen wir nicht, die eine sei wichtiger als die andere. Oft ist das Unscheinbare bedeutsamer als das, was scheinbar groß herauskommt. Ich denke da vor allem an unsere stillen Beterinnen und Beter…
Das Bild von der Kirche als Leib Christi ist sehr organisch und zugleich solidarisch. Denn auch das wissen wir aus eigenem
leibhaftigen Erleben: „Wenn ein Glied leidet, leiden alle Glieder mit; wenn ein Glied geehrt wird, freuen sich alle Glieder mit. Ihr aber seid der Leib Christi und jeder Einzelne ist ein Glied an ihm“ (1 Kor 12, 26 f.). Es gilt immer auch eine Fürsorgepflicht aller für alle. Wir sind miteinander – und füreinander verantwortlich. Es geht nur miteinander gut!
Wenn Paulus aber die Kirche als Leib zeichnet, bleibt die Frage nach dem Haupt. Eines dürfte klar sein: Es gibt viele Glieder –das sind wir alle- aber es gibt nur ein Haupt. Und das ist Jesus Christus, der alles zusammenhält. Das ist ganz wichtig. Wie sagt man heute gern: „Einer hat den Hut auf.“ Der Leib ist die Kirche, das Haupt aber ist Christus.
Wenn der Leib sich verselbstständigt, wenn die Kirche nicht mehr auf Jesus Christus hört und ihm folgt, wird sie kopflos. So ist es nicht verwunderlich, dass der Leib orientierungslos wird, wenn´s im Kopf nicht mehr stimmt… Will sagen: wenn nicht mehr Jesus Christus das Sagen hat, geht die Kirche immer in die Irre.
Erinnern wir uns daran: wir sind Leib Christi. Was uns dazu gemacht hat? Die Taufe. Was uns zuinnerst zusammenhält? Es ist der Leib, den wir empfangen. Der Leib Christi. „Ihr seid, was ihr empfangt“, sagt der Heilige Augustinus. Darum ist das Feiern der Eucharistie auch „Quelle und Höhepunkt des ganzen kirchlichen Lebens“ (LG). Wir beleben die Kirche immer von innen heraus. Und im Innern der Kirche steht ein Altar.