l

Wegen Überfüllung geschlossen

Wegen Überfüllung geschlossen
Gedanken zum 19. Sonntag im Jahreskreis

Wegen Überfüllung geschlossen… Das kennen wir alle, nichts geht mehr rein, weil schon zu viel drin ist… Alles voll!

Das Maß ist voll!
Nicht nur auf den urlaubsüberfüllten Autobahnen, den Schwimmbädern und Biergärten… Nichts geht mehr. Alles voll…
Manchmal geht es uns ja schon im ganz normalen Leben so. Wir haben die Ohren voll und die Nase auch. Nehmen wir nur die Wortflut, die uns immer wieder überschwemmt. Irgendwie wird immer irgendwas gesagt. Wer weiß am Ende eigentlich noch was?
„Ein Bild sagt mehr als tausend Worte!“, wusste einst Theophylakt. Aber wie viel ist von der Kraft und Macht der Bilder noch übrig geblieben. Eine wahre Bilderflut schwappt uns aus dem Fernseher entgegen – vom Internet ganz zu schweigen. Früher hatte man noch einen klaren Blick für die Bilder, es gab weniger davon. Beim Fotografieren hat man sich lange das Motiv herausgesucht und dann erst auf den Auslöser gedrückt. Heute im Zeitalter der Digitalkameras wird einfach drauf los geknipst. Welche Bilder können sich da noch einprägen?
Weniger ist mehr. Weniger reden – mehr hören. Weniger sehen – mehr betrachten. Auch in unseren Kirchen… Vor einigen Wochen hat eine Mama ihre kleine Tochter gefragt, was ihr denn in im Gottesdienst besonders gefallen hat. Und das Mädchen hat prompt geantwortet: „die Stille!“. Das Kind hat die Stille gehört – Heiliges Schweigen!
Aber das erfordert Mut. Mut zur Stille, Mut zur Leere. Ja, davor fürchten sich viele: vor der Stille und vor der Leere. Darum dudelt irgendwie irgendwo immer was und irgendwie gibt’s irgendwo immer was zu sehen. Man sucht die Ablenkung, sucht Zerstreuung. Was für Unworte! Als ginge es im Leben darum,  sich zu zerstreuen… sich abzulenken. Am besten von sich selbst. Kein Wunder, dass bei all der Ablenkung und Zerstreuung so viele außer sich sind…
Eigentlich muss es doch um das glatte Gegenteil gehen: Um Konzentration. Sich konzentrieren heißt: „sich sammeln“.

Nicht in der Fülle sondern in der Leere begegnet Gott
Vergessen wir nicht, dass der Ort der großen Gottesoffenbarungen die Wüste war. Wüste ist leere Stille und stille Leere. Gott offenbart sich dem Mose auf dem Gottesberg Horeb. Mitten in und hoch über der Wüste. Mitten durch die Wüste geht auch der Weg des Gottesvolkes. Und immer wieder wird es in der Verlassenheit der weiten Wüste die Nähe der Zuwendung Gottes verspüren. „Brot vom Himmel hast du ihnen gegeben!“ Diese Erinnerung zieht sich wie ein roter Faden durch das religiöse Gedächtnis des auserwählten Volkes. Auch für den Propheten Elija wird die Leere der Wüste, in die er ganz ausgebrannt flieht, zu einem Ort der Gottesbegegnung. Er stärkt sich –wie wir in der Lesung gehört haben- mit Wasser und Brot. So wächst ihm von neuem Kraft zu. Ja Jesus selbst zieht sich zurück in die Leere, die Stille, die Einsamkeit der Wüste, bevor er sich auf den Weg zu den Menschen macht. Stille, ehrfürchtiges Schweigen, erzeugt Offenheit für ein Wort, das kommt. Leere, heilige Leere erzeugt Erwartung, dass einer kommt und die Mitte erfüllt.
Im Jerusalemer Tempel fand sich in der Mitte das Allerheiligste. Ein Raum –völlig leer. Kein Bild, keine Figur. In der Mitte ein unbehauener Quader – der Rauchaltar. Ein leerer Raum voll des Heiligen Schweigens, in den der Hohepriester nur einmal im Jahr eintrat. Völlig leer. Weniger ist mehr. Mehr Raum. Raum für Gott. Gott braucht Raum. Denn Gott ist unendlich – unendlich groß!
Raum braucht Gott auch in uns. Darum braucht Gott unsere Leere. Wo der Mensch den Kopf und den Bauch voll hat, bleibt für Gott nur wenig Platz.

Jesus ist unsere Mitte
„Wegen Überfüllung geschlossen.“ Das darf dem allerheiligsten Raum, das darf unserer Seele nicht passieren. Dass sie so vollgestopft ist, dass sie wegen Überfüllung zu macht.
Wenn die Seele vollgestopft ist, kann sie nicht mehr frei atmen, sich auch nicht mehr frei bewegen. Das will die Seele aber, denn die Seele ist empfindsam. Sie kann mitfühlen, innerlich mitgehen, mitschwingen. Und die Mitte ist wichtig, auf die Mitte kommt es an!
Es gibt eine innerste Mitte in uns, die wir freihalten müssen für Gott. In Erwartung Gottes – hungrig nach Gott! Früher hat man die eucharistische Nüchternheit noch ganz ernst genommen. Vor der Messe nicht essen, damit man innerlich spürbar leerer wird… Da ging es nicht um den bloßen Hunger nach Essen, sondern um den Hunger nach Gott.
Nur unsere Leere kann Gott schließlich füllen. Das will Jesus denen nahebringen, die ihn nicht mehr loslassen, weil er sie einmal schnell satt gemacht hat, Jesus will sie erfüllen. Nicht mit schnellem Essen, nicht mit Fast Food. Er will sie erfüllen mit seiner lebendigen Gegenwart. Mit dem lebendigen Brot, das er selbst ist und das er uns geben will, damit wir ihn empfangen.
Jesus lenkt unseren Blick auf das Brot in unserer Mitte. Ein einfaches Zeichen. Konzentration auf ein Lebensmittel, das zur Lebensmitte werden will. Aus der Mitte der Gemeinde nimmt Er den Weg in die Mitte unseres Lebens. Dafür gilt es, Raum zu schaffen – sich innerlich leer zu machen, Hunger zu bekommen nach dem Brot, das uns wirklich innerlich erfüllt und der Welt das wahre Leben schenkt. Der Herr will in unsere Mitte. Der Herr ist unsere Mitte.

Share