l

Wer sagt mir die Wahrheit?

Wer sagt mir die Wahrheit?
Gedanken zum Evangelium am 23. Sonntag im Jahreskreis (Lk 14, 25-33)

Haben Sie eigentlich Menschen, die Ihnen die Wahrheit sagen? Wie viele fallen Ihnen ganz spontan ein? Menschen, die mir die Wahrheit sagen, sind mir deshalb so wichtig, weil ich spüre: Es liegt ihnen was an mir.
Da muss sich ja erst mal jemand Gedanken machen und dann auch den nötigen Mut aufbringen und die Liebe, die es schließlich auch braucht, um mir die Wahrheit zu sagen. Auch darum bin ich Jesus so dankbar. Er hat mir in meinem Leben noch immer die Wahrheit gesagt. Freilich damit nicht immer, was ich hören wollte. Aber immerhin.
Das Evangelium vom heutigen Sonntag hat es wieder mal in sich. Jesus hält unerhörte Wahrheiten für uns bereit.

Achte dein Leben gering!
Nimm dein Kreuz auf dich!
Gib alles her, was du hast!

Das muss man sich mal gesagt sein lassen!
Alles, was man sonst so zu hören bekommt, klingt ganz anders. Etwa so:

Mach was aus deinem Leben, damit du groß rauskommst.
Mach einen Bogen um das Kreuz. Wer will schon leiden.
Hast Du was, dann bist du was!

Was soll man um Gottes Willen mit den Worten Jesu anfangen? Hand auf´s Herz: Wer von uns macht am Montag mit dem Sonntagsevangelium wirklich ernst? Oft genug werden die Forderungen Jesu so lange weich gespült, bis sie uns nicht mehr „kratzen“! Und doch bleibt es dabei: Jesus sagt uns immer die Wahrheit. Und was noch dazukommt: er hat es selbst vorgelebt. Darum spricht er auch von Nach-Folge:  Er, der Gott gleich war, erniedrigte sich und wurde wie ein Sklave (vgl. 2,8). Er, der ohne Sünde war, hat unser Kreuz auf sich genommen (vgl. Mt 27, 31). Und dann hatte der Menschensohn auch keinen Ort, wo er sein Haupt hinlegen konnte (vgl. Mt 8,20), keine Immobilien, kein Konto, kein Geld. Das nenne ich glaubwürdig. Jesus meint es wirklich ernst. Worum geht es ihm also…?

Die erste Frage, vor die uns Jesus stellt: Mensch, was ist dir wirklich wichtig?
Oft genug haben wir die Qual der Wahl. Wie entscheidend wird es im Laufe des Lebens, die richtigen Prioritäten zu setzen. Das gilt auch für unsere Beziehungen. Beziehungen machen reich. Die Beziehungen zu mir selbst, zu meiner Familie, in meinem Freundeskreis. Mit Gott? Wenn wir ehrlich sind: die wichtigste Lebensbeziehung ist doch unsere Gottesbeziehung! Gott steht am Anfang. Und er erwartet uns am Ende. Welche Beziehung in unserem Leben wäre wichtiger als die Beziehung zu dem, der uns das Leben aus Liebe geschenkt hat und mit jedem Schlag unseres Herzens einmal mehr bekräftigt. Ein amerikanischer Basketballstar trug an seiner Halskette einen Anhänger mit der Inschrift: „I am third.“ – „Ich bin der dritte.“ Darauf angesprochen bekannte er einmal: „An erster Stelle steht Gott, dann kommt meine Familie und an dritte Stelle ich.“ Und wer in Gottes Namen könnte uns besser in Beziehung bringen zu Gott als Jesus Christus?

Frage Nummer 2: Wie stehe ich zum Kreuz?
Natürlich wünscht sich niemand Leid herbei. Auch Jesus hat das Kreuz nicht gesucht. Und doch wissen wir alle, am Kreuz führt kein Weg vorbei. Darum hat Jesus das Kreuz auch angenommen. Nicht am Leid vorbei, sondern durch das Leid hindurch führt sein Weg der Erlösung. Schauen wir ruhig mal in unser eigenes Leben. Waren es nicht gerade die schweren Zeiten, die uns im Leben und auch in unserem Glauben weiter gebracht haben?! Weil wir die heilsame Einsicht gewonnen haben, dass wir es aus eigener Kraft am Ende nicht schaffen. Wir Menschen verrechnen uns, wenn wir die Rechnung ohne Gott machen. Auch das sagt uns Jesus heute klar uns deutlich.

Und schließlich geht es Jesus auch ums Geld.
Besitz kann wirklich besessen machen. Obwohl er doch vergänglich ist. Darum sollen wir das Unvergängliche mehr lieben als das Vergängliche, Schätze sammeln im Himmel. Alles andere bleibt am Ende eh zurück. Jesus stellt uns vor die entscheidende Frage: Was ist wichtiger, Haben oder Sein? Zu Recht! Es kommt ja nicht darauf an, was mir gehört, sondern wem ich gehöre. Lebensglück war wohl noch nie eine Frage des Geldes.
Phil Bosmans hat einmal bekannt: „Einfache Menschen geben mir Hoffnung. Sie sind reich. Sie kennen noch den Luxus der Gastfreundschaft. Sie freuen sich über einen Fisch und ein paar Eier, eine Schale Tee und eine Handvoll Reis. Sie sind frei von Gier und dankbar für jede Gabe. Sie brauchen nur wenig, um glücklich zu sein.“

Was ist zu also tun?
Der Heilige Kajetan von Thiene, Gründer des Theatinerordens, hat auf die Worte Jesu rigoros reagiert und seinen Verwandten schriftlich mitgeteilt: „Ich sehe Christus arm und mich reich, ihn verachtet und mich geehrt. Ich will ihm einen Schritt näher kommen und habe deshalb beschlossen, alles aufzugeben, was ich noch an zeitlichen Gütern besitze.“ Und Kajetan ist Jesus nachgefolgt.

Wahrscheinlich werden wir die Vorschläge Jesu nicht gleich morgen radikal umsetzen. Aber ernst nehmen sollten wir sie schon. Also:

Wie wichtig ist mir meine Beziehung zu Gott?
Worauf setze ich letztlich mein Vertrauen?
Was macht mein Leben im Grund wirklich reich?

Jesus hat uns die Wahrheit gesagt, damit wir uns im Klaren werden, worum es wirklich geht. Und allein die Wahrheit schafft Klarheit. Dafür können wir ihm nur dankbar sein.

Share