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„Wissen und Weisheit“

„Wissen und Weisheit“
Gedanken zum 23. Sonntag i. J. (Weish 9, 13-19; Lk 14, 25-33)

In welchem Land liegt Timbuktu? Richtig: in Mali. Und warum schreibt man Bayern eigentlich mit Y? Genau, weil König Ludwig II. ein Faible fürs Griechische hatte. Solche Antworten können viel Geld wert sein. Dann etwa, wenn man Kandidat ist in der Fernsehsendung „Wer wird Millionär?“
Aber was ist all unser Wissen am Ende wirklich wert? Gewiss, der moderne Mensch ist sehr stolz auf sein Wissen. Aber Fakten allein bringen nichts. Zumindest nicht viel, wenn sie nicht eingebettet sind in ein tieferes Verständnis.

Das Wissen wächst geradezu exponentiell. Wir wissen immer mehr. Aber hat das auch zu mehr Verständnis geführt? Oder ist die Verunsicherung des Menschen dadurch nicht eher gewachsen?
Mit dem Wissen nicht mitgewachsen ist die Weisheit. Die Weisheit scheint schon eher in Vergessenheit zu geraten. Aber neben allem Wissen geht es doch vor allem um Weisheit. Denn Weisheit ist mehr als alles Wissen. Warum? Weil sie das Wissen einordnet, uns verständlich macht und somit auch menschlich verantwortbar.

Ein Mensch, der viel weiß, ist noch nicht unbedingt weise. Suchen wir nur einen Menschen, den wir für weise halten: Wir werden wohl kaum an einen Wissenschaftler denken. Viel eher schon an unsere Oma, unseren Opa. An einen verständigen Menschen, der weiß, worum es im Leben wirklich geht und worauf es letztlich ankommt. Dazu braucht es mehr als Faktenwissen, es braucht Herzensbildung. Darauf sollten wir mehr Wert legen als auf reine Wissensvermittlung. Weisheit ist nicht zunächst eine Frage des Hirns, sondern vielmehr eine Frage des Herzens. Das Herz ist damit der wahre Ort der Erkenntnis.

Wissen verändert sich auch laufend und überholt sich dadurch selbst. Die Weisheit dagegen bleibt, überdauert Generationen. Und sie verbindet auch. Ja, es gibt eine Weisheit der Völker, eine der Menschheit, die Jahrtausende verbindet, Kulturen und Religionen. Die Weisheit der Menschheit ist wesentlich gewachsen auf dem Boden des Glaubens. Weil der Glaube uns daran erinnert, dass es etwas Größeres, etwas Höheres gibt als uns Menschen. Diese Erkenntnis ist der Anfang der Weisheit.

Die Weisheit beginnt ganz einfach mit dem ehrlichen Eingeständnis, dass unser Wissen und Verstand begrenzt sind. Darauf weist uns heute auch das Buch der Weisheit hin: „Unsicher sind die Überlegungen der Sterblichen und einfältig unsere Gedanken. Denn ein vergänglicher Leib beschwert die Seele und das irdische Zelt belastet den um vieles besorgten Verstand.“

Ja, auch das stimmt: unser Wissen und Verstand drehen sich vor allem um uns selbst. Die Weisheit dagegen fragt über den Menschen hinaus. Sie versucht, etwas heraus zu spüren über das Woher und Wohin. Sie sinnt nach über den Sinn von allem.

Im Alten Testament wird die Weisheit immer wieder mit Gott in Verbindung gebracht. Die Weisheit kann man ja nicht einfach auswendig lernen. Sie ist vielmehr eine göttliche Eingebung, ein himmlisches Geschenk. Eine Einweihung in tiefere, göttliche Zusammenhänge. „Wer hat je deinen Plan erkannt, wenn du ihm nicht Weisheit gegeben und deinen heiligen Geist aus der Höhe gesandt hast? Wir erraten kaum, was auf der Erde vorgeht, und finden nur mit Mühe, was auf der Hand liegt; wer ergründet, was im Himmel ist? So wurden die Pfade der Erdenbewohner gerade gemacht und die Menschen lernten, was dir gefällt; durch die Weisheit wurden sie gerettet.“

Wissen allein reicht nicht. Schon der junge Salomo erbat darum zu Beginn seines Königtums von Gott allein ein „hörendes Herz“ und nicht Reichtum, nicht Ruhm und Macht und auch kein langes Leben. Denn nur mit einem hörenden Herz glaubte er, den Willen Gottes und seine Weisheit tiefer erkennen zu können. Und vor allem darum ging es ihm.

Darum muss es auch uns gehen. Denn allein mit unserem Wissen und Verstand könnten wir die Botschaft Jesu nie und nimmer verstehen. Denn über das, was Jesus gerade im Evangelium gefordert hat, schüttelt unser Wissen und Verstand doch nur den Kopf… Hier braucht es schon eine tiefere Einsicht durch mehr Weisheit. Um die wir immer wieder neu bitten dürfen, wie Salomo: „Gott, schenke auch mir ein hörendes Herz! Damit ich eben heraushöre, nicht was ich, sondern was Du willst. Denn Dein Wille geschehe!“

Nicht das Hirn, allein das Herz versteht die Macht und Kraft der Hingabe, um die es Jesus in seiner heutigen Ansprache geht. Natürlich kann man sich auch an alles fest klammern. Aber so behält man nichts und kann man auch nichts empfangen.
Natürlich kann ich mein Fundament auf Menschliches gründen. Aber ist dieses Fundament am Ende auch tragfähig? Hält es am Ende das Leben auch aus? Man merkt es immer dann, wenn wir im Leben mit Schwierigkeiten konfrontiert werden. Wenn wir mit „unserem Latein“ am Ende sind. Mit dem Kopf kommen wir eben nicht durch die Wand. Es geht vielmehr darum, die Grenzen unseres Lebens zu überwinden durch den, der sie überwunden hat. Jesus Christus am Kreuz.

Freilich, dieses Wort vom Kreuz, so sagt es schon Paulus, ist den Juden ein Ärgernis und den Griechen eine Torheit; denen aber, die berufen sind, Juden und Griechen, predigen wir Christus als Gottes Kraft und Gottes Weisheit.“ Letztlich geht es Jesus im heutigen Evangelium nicht darum, uns etwas wegzunehmen, uns loszureißen… Er will uns vielmehr Mut machen loszulassen, damit wir nicht krampfhaft klammern und so gelassener werden. Nicht unser Wissen und unser Verstand und auch nicht der Einsatz all unserer Kräfte werden uns jemals erlösen. Es ist allein die Hingabe. Seine Hingabe für uns – und unsere Hingabe für ihn. Darin zeigt sich die Weisheit Gottes, durch die wir in Jesus Christus errettet worden sind. Amen.

 

Fürbitten
Guter Gott, von Dir geht die Weisheit aus, die uns in die volle Wahrheit einführt. Wir bitten dich:

  • Für alle, die in der Wissenschaft tätig sind, dass sie mit Weisheit und Umsicht die Folgen ihrer Forschung mitbedenken.
  • Für alle, die für die Ausbildung unserer jungen Menschen Verantwortung tragen: dass sie neben der Wissensvermittlung auch auf Herzensbildung Wert legen.
  • Für alle, die schwer loslassen können, dass sie gelassener werden und damit von Neuem empfänglich.
  • Für uns, dass wir in einem hörenden Herzen Deinen Willen verstehen.

Guter Gott, der Glaube an Dich verhilft uns zu einem tieferen Verständnis. Dafür danken wir Dir. Amen.

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