Wozu Advent?
Wozu Advent?
Evangelium: Lk 21,25-28.34-36
Auch heuer heißt es wieder: „Wir sagen euch an den lieben Advent…“ Denn „Alle Jahre wieder kommt das Christuskind, auf die Erde nieder, wo wir Menschen sind.“ Geht es also wieder darum, die Geburt des göttlichen Kindes vorzubereiten? Tatsächlich werden die meisten antworten: Ja, genau darum geht es. Im Advent bereiten wir uns schließlich vor auf die Geburt Jesu Christi Die feiern wir ja doch an Weihnachten, oder etwa nicht? Nun gut. Irgendwie hat diese Einstellung unseren Advent bestimmt. Früher noch mehr als heute.
Und wie bei jeder Schwangerschaft, die ja eine Vorbereitungszeit auf die Geburt eines Kindes ist, ist aufmerksamer als sonst, lebt vernünftiger und möglichst gesund. Feiern zum Abwinken, Alkohol und Zigaretten sind passé. Es soll schließlich eine gewisse Ruhe einkehren, damit das Kind im Mutterleib nicht gestresst wird. Und dann, so um den Geburtstermin steigt die Spannung. Das Bettchen ist gerichtet, das Kind kann kommen und wenn es dann geboren ist, wird es der Mama und dem Papa und dann auch möglichst bald so vielen anderen ans Herz gelegt…
Irgendwie ist das im Advent schon auch so gewesen. Eine besinnliche, „staade“ Zeit der Aufmerksamkeit, der Vorbereitung. Und die Erwartungsfreude wächst mit jedem Türchen am Adventskalender, mit jeder Kerze am Adventskranz. Und wenn dann alle brennen und Heilig Abend ist, die Krippe gerichtet und das Jesuskind drin liegt wird es doch allen hoffentlich warm ums Herz. Denn „Zu Betlehem geboren ist uns ein Kindelein…“. So weit nicht schlecht. Wenn wir den Advent wieder so begehen, dann haben wir eine heilige Zeit vor uns, die nur guttun kann.
Aber eigentlich ist der Advent heute tatsächlich anders gedacht… Warum? Weil wir nicht jedes Jahr die Geburt ein- und desselben Kindes vorbereiten müssen. Auch wenn es das Christuskind ist. Alle Jahre kommt eben nicht das Christuskind auf die Erde nieder. Nicht im Jahr 2024 nach Christi Geburt.
An Weihnachten erinnern wir uns an die Geburt Christi. Wir feiern alle Jahr wieder seinen Geburtstag. Dankbar dafür, dass das Christkind mittlerweile ja schon groß geworden ist. Jesus ist aus der Krippe herausgewachsen. Er hat Spuren hinterlassen und uns am im Alter von 33 Jahren am Kreuz erlöst. Er hat uns den Zugang zum ewigen Leben eröffnet, weil Gott ihn von den Toten auferweckt hat. Und wo ist er jetzt? Bei Gott in der unsichtbaren Welt des Himmels. 40 Tage nach Ostern erinnern wir uns an Christi Himmelfahrt.
Worum geht es dann im Advent von heute? „Advent“ heißt „Ankunft“. Die erste Ankunft Gottes in einem Kind in der Krippe liegt schon lange zurück. Was aber noch vor uns liegt, was noch bevorsteht, ist seine Wiederkunft. Die Wiederkunft des Herrn ist die Erwartung der Christen von heute. Und das war sie durch all die Jahrhunderte… Ganz besonders brennend war die Sehnsucht unter den ersten Christen, die Jesus ja noch „live“ erlebt haben. Geradezu flehentlich haben sie gebetet: „Komm, Herr Jesus, maranatha!“ Sie waren hellwach und wollten unbedingt bereit sein, wenn der Herr kommt. Sie wussten, dass er wiederkommt. Wann das sein würde, konnte ihnen selbst Jesus nicht sagen…
Vor diesem Hintergrund merken wir auf einmal, dass das heutige Evangelium, das zunächst alles andere als adventlich geklungen hat, durch und durch adventlich ist. Gewiss, es ist nicht stimmungsvoll. Wohlig-behaglich ist es auch nicht. Im Gegenteil: es klingt geradezu apokalyptisch und verbreitet eine alarmierende Endzeitstimmung. Hier also setzt unser Advent an. Denn unser Advent heute ist das, was er nach Christi Himmelfahrt schon immer gewesen ist: Ein erwartungsvolles Warten auf seine Wiederkunft, …solange bis er wieder kommt in Herrlichkeit, wie wir es im Credo bekennen.
Wie reagieren wir darauf? Wenn wir ans Ende denken, wird uns nur selten warm ums Herz. Wir Menschen lieben den Anfang. Nicht das Ende. Und doch hat alles einmal ein Ende. Unser Leben, und auch diese Welt. Das ist Fakt, das haben wir zu akzeptieren. Nur mit dem himmelweiten Unterschied: Wir Christen wissen um das kommende Ende. Aber als Christen glauben wir nicht an das Ende.
Woran wir glauben ist nicht das Ende, sondern die Vollendung. Am Ende unseres Lebens vollendet sich hoffentlich bei uns allen einmal unser Lebensweg zum Lebenskreis. Und auch die Welt wird am Ende nicht ins Nichts zurückfallen, denn sie ist nicht aus dem Nichts entstanden. Sondern verdankt sich Gott dem Schöpfer. Der auch der Vollender ist. Wenn wir den Advent mit dieser Perspektive begehen, dann erweitert es unseren Horizont. Und wie sagen eine Zeit der guten Hoffnung an vor allem für jene, die von Zukunftsängsten geplagt sind.
„Wir sagen euch an eine heilige Zeit, machet dem Herrn die Wege bereit.“ Schon die erste Strophe unseres Wegliedes durch den Advent gibt die Richtung an. Und wir erfahren, worum es geht: dem Herrn die Wege zu bereiten. Warum? Damit er kommt. Und wie wir es am besten gelingt, das hat uns im Evangelium der gesagt, der wiederkommen wird, Jesus Christus: „Nehmt euch in Acht, dass Rausch und Trunkenheit und die Sorgen des Alltags euer Herz nicht beschweren. Wachet und betet allezeit.“ Alfred Delp hat das gut verstanden, wenn er sagt: „Advent ist eine Zeit der Erschütterung, in der der Mensch wach werden soll zu sich selbst.“ Amen.