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Advent, Advent…

Advent, Advent…
Gedanken zum 1. Adventsonntag (Lk 21, 25- 28. 34-36)

„Advent, Advent, ein Lichtlein brennt. Erst eins, dann zwei, dann drei dann vier… Dann steht das Christkind vor der Tür.“ Der Verfasser ist unbekannt, der Reim dafür umso bekannter. Klingt recht betulich und auch ein wenig fromm. Nur, das niedliche Reimchen hat einen entscheidenden Haken: am Ende des Advents steht nicht das Christkind vor der Tür. „Und wenn die fünfte Kerze brennt, dann hast du Weihnachten verpennt.“ Weil all das nicht passieren sollte, lohnt sich alle Jahre wieder die Frage: Was heißt eigentlich „Advent“? Und worum geht´s denn wirklich im Advent? Meine Grundschüler wissen das: „Advent“ heißt „Ankunft“. Einige Eltern haben´s -daheim nachgefragt- auch gewusst. Damit ließe sich was anfangen: sich auf den Weg machen. Weil da was kommt: Weihnachten. Weil da ER kommt: Jesus Christus.

Hand auf´s Herz: Immer mehr wissen immer weniger mit dem Advent anzufangen. Aber der letzte Advent hat uns schon nachdenklich gemacht. Und heuer wird´s wohl auch nicht anders sein. Ein Advent jedenfalls, so wie wir ihn lange Jahre kannten, ist nicht mehr – nicht mehr „alle Jahre wieder“.

Für die einen war es ja eine kuschelige Zeit. Anheimelnd, Glühwein geschwängert und in bester Einkaufslaune. Für andere waren die Wochen vor Weihnachten eine Zeit voller Hektik im Vorbereitungsstress. Und dann all die Weihnachts-feiern. Aber sind Weihnachtsfeiern im Advent nicht ein Widerspruch in sich? Für immer weniger jedoch war der Advent „Advent“. Aber wir haben ja zurzeit andere Zeiten, die auch in Sachen Advent zum Nachdenken bringen und zum Umdenken zwingen.

Wenn wir uns also neu besinnen wollen, erinnern wir uns, was Advent heißt. Nochmals gesagt: Advent heißt „Ankunft“. So gesehen steht tatsächlich was vor der Tür: eine Geburtstagsfeier, zu der alle eingeladen sind, die sich darüber freuen, dass Jesus geboren ist. Das ist schon einige Zeit her. Wir leben bekanntlich im Jahr 2021 nach Christus. Aber es gab auch eine Zeit vor Christus. Kaiser Augustus, der den Befehl erlassen hat, dass sich alle in Steuerlisten eintragen sollten, ist geboren am 23. September 63 vor Christi Geburt. Das verstehen wir unter dem „ersten Advent“. Die Zeit vor der Ankunft des Messias, eines Retters, den die Menschen damals so sehnsüchtig erwartetet hatten. Die „Stille Nacht“ ist deshalb eine „heilige“ Nacht, weil wir uns daran erinnern und es alljährlich dankbar feiern: „Christ, der Retter, ist da!“

Geboren ist das Christkind also schon lang und groß geworden auch. Jesus Christus ist in den mehr als 2000 Jahren hineingewachsen in die Welt und in das Leben unzähliger Christen. All das ist ein guter Grund, im Advent nachzusehen, in wieweit Jesus denn auch schon geboren ist in uns. Angelus Silesius bringt es auf den Punkt: „Und wäre Christus tausendmal in Bethlehem geboren, doch nicht in dir, Du bliebest doch in alle Ewigkeit verloren.“ Darum ist Advent nicht so sehr eine Zeit äußerer Vorbereitung, sondern vielmehr eine Zeit innerer Spurensuche. Advent war und ist damit eine Zeit der Konzentration. Die Älteren kennen diesen Advent noch gut aus Kindertagen: Es war eine besinnliche, eine „staade Zeit“, in der man auch etwas gefastet hat, um wach zu sein. Und sich mir jedem Licht am Adventkranz ein wenig mehr gefreut hat und auch hoffentlich mehr innere Klarheit gewonnen, wie es denn aussieht mit Jesus in mir. „Bereitet dem Herrn den Weg! Ebnet ihm die Straßen“ (Mk 1,3). Nehmen wir diesen Aufruf Johannes des Täufers ernst und nehmen wir uns Zeit, damit Jesus noch mehr ankommen kann – in uns. Advent lebt von der Sehnsucht nach Jesus. Weil wir ihn brauchen, tief in uns drin. Wie es Papst Benedikt einmal so eindringlich ausgedrückt hat: Advent heißt, die Verborgenheit Gottes in sich zum Leben erwecken.“

Das ist Advent nach Christi Geburt: Die Erwartung der Ankunft Jesu Christi in uns und am Ende der Zeiten, „die Wiederkunft des Herrn in Herrlichkeit“. Die frühen Christen waren ganz von dieser Erwartung erfüllt. Niemand hätte sich interessiert für sowas wie eine Krippe im Stall. Im Gegenteil. Alle haben sie gespannt Ausschau gehalten, wann denn der Herr wiederkommt. Und sie haben intensiv darum gebetet: „Maranatha!“, „Komm, Herr, bitte komm bald!“ So ungewohnt es auch klingen mag in unseren Ohren: Das heutige Evangelium ist so richtig adventlich. Obwohl es doch so ungemütlich daherkommt, so verstörend. Aber genau so und nicht anders haben sich die Christen früher den Advent vorgestellt, als eine unruhige, aber umso sehnsuchtsvollere Erwartung der Wiederkunft des Herrn am Ende der Zeiten. Ein apokalyptischer Advent sozusagen. Der Jesuitenpater Alfred Delp, im KZ hingerichtet, hat dieses christliche Verständnis des Advents einmal so beschrieben: Advent ist eine Zeit der Erschütterung, in der der Mensch wach werden soll zu sich selbst.“ Aber diese Erschütterung ist am Ende unglaublich heilsam! Und sprechen wir nicht in jedem Vaterunser die adventliche Bitte aus: „Dein Reich komme!“ Maranatha!“ Ja, Herr komme bald!

 

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