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Darf man glauben machen?

Darf man glauben machen?
Gedanken zum 21. Sonntag i. J. (Jos 21,1-2a.15-17.18b/ Joh 6, 60-69)

Eine Frage der Freiheit
Wer ist Josua? Josua ist der Führer, der Anführer eines ganzen Volkes. Er war mit allen anderen Mose 40 beschwerliche Jahre durch die Wüste gefolgt. Nun ist Mose Tod und alle folgen Josua. Mit ihm sind sie endlich eingetreten in das gelobte Land. Und Josua versammelt das ganze Volk. Er will eine Entscheidung, die er nicht für andre treffen kann. Josua stellt eine wichtige Frage zur Abstimmung: die Glaubensfrage. Dabei stellt er die verschiedenen Optionen vor. Schließlich gibt es eine Menge an Göttern diesseits und jenseits des Jordan. Und es gibt JAHWE. Die Leute haben die Wahl.

Was mich an dieser Stelle beeindruckt, ist: die Freiheit, die Josua den Leuten lässt! Wir werden heute oft genug vereinnahmt. Welche Nachrichten kommen denn noch unkommentiert über die Sender? Wie viele wollen uns glauben machen, was wir glauben sollen. Das ist für so manche ganz bequem, weil man sich dann keine eigene Meinung mehr bilden muss. Aber dürfen wir das hinnehmen, dass uns die eigene Meinungsbildung von anderen abgenommen wird? Meinungs- und Glaubensfreiheit sind wichtige Grundwerte in unserer Gesellschaft. Die Freiheit ist überhaupt ein unverzichtbares Lebenselexier im Zusammenleben der Menschen.

Josua ist weit davon entfernt, andere glauben machen zu wollen. Obschon er mit seinem Glauben nicht hinterm Berg hält. Josua bekennt sich in aller Öffentlichkeit zu seinem Gott. Die anderen aber sollen sich frei und selbst entscheiden, woran sie glauben und welchem Gott sie dienen wollen. Und doch: ist es Ihnen aufgefallen? Eine Option fehlt: keinem Gott zu dienen…! So etwas wie „Gottlosigkeit“ war dem Volk völlig fremd. Denn religiös waren sie schließlich irgendwie alle. Auch heute ist die überwältigende Mehrheit der Menschheit religiös. Das verbindet uns Gläubige ja über alle Grenzen der Religionen hinweg, dass wir religiös sind und uns gebunden fühlen an einen Gott, der vor uns da war, und dem sich alles verdankt was da ist, auch wir.

Nur welchem Gott/ welchen Göttern sollen wir folgen – und dann auch dienen? Die Entscheidung muss jeder für sich treffen. In Glaubensfragen kann es keinen Zwang geben. „Du musst glauben“, wäre ebenso widersinnig wie „du musst lieben“. Beides setzt Freiheit voraus!

Das ganze Volk entscheidet sich einstimmig und einhellig für Jahwe. Er ist schließlich auch der Grund ihrer Freiheit. Lange genug waren sie Sklaven in Ägypten. Wer, wenn nicht JAHWE, hatte sie denn befreit! Wem oder was sollten sie in Zukunft dienen, wenn nicht ihm. Gewiss, immer wieder ist das auserwählte Volk ja abtrünnig geworden und hat anderen, menschenerdachten oder menschengemachten Göttern gedient. Und doch erinnern sie sich jetzt an all das, was sie ihrem Gott verdanken. Ihre ganze Freiheit. Aus diesem guten Grund schwören sich mit Josua alle ein auf den einen Gott. „Auch wir wollen dem Herrn dienen; denn er ist unser Gott.“

Wer ist mein Gott?
Der Weg zum Evangelium ist da nicht weit. Wieder stellt einer die entscheidende Frage. Diesmal ist es Jesus. Und das aus gutem Grund. Viele waren ihm gefolgt. Und alle wussten auch, warum: Jesus hatte sie schnell satt gemacht. Wir erinnern uns: die wunderbare Brotvermehrung. Aber jetzt, da sich Jesus weigert, sie weiterhin schnell abzuspeisen…; was jetzt? Ist euer Gott der Bauch oder die Erfüllung eurer Seele? Jesus übt keinen Druck aus. Im Gegenteil, er lässt die Antwort offen, damit sich jeder selbst entscheiden kann.

Viele beschäftigen sich nicht mit dieser Frage damals wie heute. Den „Italiener“ und „Griechen“ kennt man bestens von innen. Die Kirche nicht mehr unbedingt. Am Ende sind Jesus wenig geblieben. Wohl weniger als in Biberbach am Dienstag zur Morgenmesse erscheinen. Aber sollten nicht auch wir uns daran erinnern, was wir unserem Glauben verdanken. 2000 Jahre hat sich christlicher Glaube ausgewirkt und unser Abendland über Jahrhunderte christlich geprägt. Und das zum Guten. Schauen wir nur auf die Werte, die unsere Gesellschaft geprägt haben. Sie sind nicht vom Himmel gefallen, sondern erwachsen aus gelebtem christlichen Glauben. Auch unser Grundgesetz sieht sich in Verantwortung vor Gott und den Menschen. Und doch: wie viele sind in den letzten wenigen Jahrzehnten „abgeblättert“ von der Kirche… Corona hat ihren Teil dazu beigetragen.

Warum ist das so? Die meisten, denen ich die Frage stelle, etwa bei Tauf- oder Traugesprächen- sind erfreulich ehrlich und geben zu: aus Bequemlichkeit. Aus Überzeugung wohl kaum. Dazu fehlt es zumeist an Glaubenswissen. Wo sind sie dann geblieben? Gibt es andere, bessere Alternativen zu „unserem“ Gott?

Entscheide dich selbst!
Jeder entscheidet die Glaubensfrage für sich. Will ich einem Gott dienen? Und welchem Gott will ich dienen? Lassen wir uns nicht fremdbestimmen von Medien, Meinungen und vermeintlichen Mehrheiten. Folgen wir unserer inneren Stimme, wenn Jesus uns heute fragt: „Wollt auch ihr gehen?“ Will ich oder will ich nicht? Ein „Jain“ kann es in dieser Frage nicht geben. Petrus war unter den Wenigen, die damals geblieben sind. Er wusste warum. Und das sagte er auch. Wie damals Josua vor dem ganzen Volk, gibt Petrus seine Antwort vor dem kleinen Rest der verbliebenen Jünger: „Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte ewigen Lebens!“ Was für ein starkes Glaubensbekenntnis!

Nehmen wir diese klare Stellungnahme des Petrus vom heutigen Sonntag mit und suchen wir nach unserer eigenen Antwort. Zu wem würden wir gehen, wenn wir Jesus verlassen? Oder sollten wir nicht doch lieber bleiben!

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