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Das Gleichnis vom verlorenen Sohn

Das Gleichnis vom verlorenen Sohn

Am Ende konnte man ihn nicht mehr halten. Nur weg von zu Hause. Und hinein in die weite Welt. Ein Vater muss seinen Sohn gehen lassen. Und gibt ihm viel mit auf den Weg. Sein väterliches Erbe. Was wäre denn die Alternative des Vaters gewesen? Den Sohn daheim anzubinden. Das wollte er offenbar nicht…

Frei und unabhängig seinen eigenen Weg gehen. Das ist manchmal gar nicht so einfach. Seinen Platz und dann noch das richtige Maß zu finden, den vielen Versuchungen zu widerstehen und am Ende heil ans Ziel zu gelangen… Es ist schon eine Kunst, das Leben selbst in die Hand zu nehmen und gut damit umzugehen. Es kann unterwegs auch viel schiefgehen.

Was alles so verheißungsvoll begonnen hat mit einem jungen Menschen, der sich mit seinem väterlichen Erbe auf den Weg ins Leben macht, geht auch gründlich schief. Er lebt aus dem Vollen. Alles wird verprasst. Und man kann kaum mit ansehen, wie der junge Kerl verkommt. Schlimmer geht´s nimmer… Und am Ende haben wir wohl alle nur noch Mitleid mit einem, der buchstäblich im Dreck gelandet ist… bei den Schweinen. Für die damaligen Hörer dieses Gleichnisses war das das Allerletzte – und der „dreckige Kerl“ das „Allerletzte“. Denn bei Schweinen zu leben, machte den Menschen in den Augen der frommen Juden selbst zum Schwein. Völlig unmöglich würde es für ihn sein, mit einem frommen Menschen oder gar mit Gott wieder Gemeinschaft zu haben.
Wie wird der junge Mensch gelitten haben. Aber am Ende versucht er es doch: Mit der Kraft der Verzweiflung aus dem Dreck zu kommen. Und er bricht auf – kehrt um, heim zum Vater. Dieser Aufbruch war auch nötig. Er wäre sonst buchstäblich zugrunde gegangen. Nicht, dass er erhofft hätte, jemals wieder als Sohn angenommen zu werden. Aber vielleicht doch als einer der Knechte… Zumindest wieder ein wenig heimkommen, das wollte er mit letzter Kraft…!

Wir wissen, wohin der Weg ihn führen wird. In die offenen Arme des Vaters. Von weitem hatte der ihn schon kommen sehen. Welch sehnsuchtsvoller Schmerz hat ihn in all der Zeit immer wieder aus dem Haus getrieben? Seinen Sohn hatte er bis zuletzt nicht verloren gegeben. Nun fällt er ihm um den Hals, küsst ihn und steckt ihm den Ring an den Finger und nimmt ihn so wieder auf als seinen eigenen Sohn. Uns allen geht dieses Gleichnis zu Herzen. Es bewegt uns und wir spüren das, was so wichtig ist: Barmherzigkeit schenkt einen neuen Anfang – ein neues Leben.

Mit unseren Kommunionkindern habe ich das Gleichnis angeschaut. Und wir haben eine Überschrift dafür gesucht. Die meisten Kinder wollten es nicht „Gleichnis vom verlorenen Sohn“ nennen, sondern lieber „Gleichnis vom wiedergefundenen Sohn“. Ende gut, alles gut? Fast. Denn der andere Sohn konnte sich nicht mitfreuen. Im Gegenteil: er wurde zornig. Vor Eifersucht. Irgendwie doch auch verständlich. Er war schließlich immer zu Hause geblieben und hat zuverlässig seine Arbeit getan. Der Vater freilich hat auch ihn im Blick. Er redet ihm gut zu. Und stimmt es nicht? „Alles, was mein ist, ist doch auch dein…“

Das Fest wurde gefeiert. Ob der andere Sohn mitgefeiert hat? Wir wissen es nicht. Und wir erfahren auch nichts darüber, wie es mit den Dreien weitergeht. Eines aber spüren wir: Am liebsten hätte der Vater seine beiden Söhne auf einmal in seine Arme genommen.

Jesus erzählte diese Geschichte den Pharisäern, die sich aufgeregt hatten, dass er mit Zöllnern und Sünder aß, Tischgemeinschaft hatte mit diesen abwegigen Menschen. Das war für damalige Verhältnisse in der Tat unerhört. Aber mussten nicht auch sie zuvor umkehren, um zu Jesus zu kommen und bei ihm zu sein!

In seinen Gleichnissen will Jesus uns etwas verständlich machen, damit wir es uns gut einprägen. Und wir brauchen wohl nicht lange zu überlegen, um wen es in seinem heutigen Gleichnis geht. Richtig! Um Gott und um den Menschen. Um einen Gott, der unser aller Vater ist – und immer bleiben wird. Und um die Menschen, die oft ihre eigenen Wege gehen. Ein Gleichnis übrigens, das ja auch jedem von uns viel zu sagen hat. Denn wer von uns hätte nicht schon seinen eigenen Willen durchgedrückt? Wer von uns wäre nicht schon auf Abwege geraten? Wer von uns hätte eine Umkehr heim zum Vater nicht schon bitternötig gehabt! Wer von uns käme am Ende ohne seine Barmherzigkeit aus? Wer könnte auf seine offenen Arme verzichten…! Aus der Barmherzigkeit Gottes dürfen wir immer wieder anfangen, neu zu leben.

Das ist die befreiende Botschaft dieses Gleichnisses. Und zugleich eine Einladung an uns, es Gott gleich zu tun. Jesus legt es uns an anderer Stelle im Lukasevangelium ans Herz: „Seid barmherzig wie euer Vater im Himmel barmherzig ist!“

Die Pharisäer und Schriftgelehrten, denen Jesus das Gleichnis erzählt hatte, werden wohl ungläubig den Kopf geschüttelt haben. Vielleicht haben sie ebenso wenig verstanden, wie der ältere Bruder, dass es für Gott keinen größeren Grund zur Freude gibt, als wenn ein Mensch vertrauensvoll umkehrt und heimkommt zu ihm. Wir haben wohl verstanden. Denn wir spüren doch alle, wie wichtig gerade Barmherzigkeit ist!

Es gibt nichts Schlimmeres als Menschen, die erbarmungslos sind. Die andere erbarmungslos ausbeuten, erbarmungslos demütigen, erbarmungslos diskriminieren, erbarmungslos umbringen. Als Christen setzten wir dagegen auf die Barmherzigkeit Gottes. Freuen wir uns ganz einfach mit: dass da einer wiedergefunden worden ist, der sonst verloren gegangen wäre. Und üben wir uns selbst immer wieder ein in die Tugend der Barmherzigkeit. Amen.

 

 Fürbitten am 4. Fastensonntag

Herr Jesus Christus,
in Deinen Gelichnissen schließt du uns auf, worum es Dir und Deinem Vater geht.
Wir bitten Dich:

  • Für alle Menschen, die unter barmherzig behandelt werden.
  • Für alle, die auf Abwege geraten sind.
  • Für alle, die nach Wege des Friedens suchen.
  • Für unsere Kommunionkinder, die sich auf ihre Erstbeichte vorbereiten.
  • Für uns, dass wir erkennen, wo wir selbst der Umkehr bedürfen.

Herr Jesus Christus,
wenn wir umkehren zu Dir, kommst Du uns schon entgegen.
Dafür danken wir Dir.
Amen.

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