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Jesus ja – Kirche nein?

Jesus ja – Kirche nein?
Gedanken zu Kirchweih (Mk 10, 42-45)

 „Ich kann Christus nur in und mit der Kirche nachfolgen.“ Wer das gesagt hat? Papst Franziskus. Muss man das eigens betonen? Früher war das doch allen klar. Glaube und Kirche – Kirche und Glaube gehörten zusammen, untrennbar. Was denn sonst! Das war früher… Früher hat man auch noch so richtig Kirchweih gefeiert, mit allem, was dazu gehört: Kirchweihgans, Kirchweihtanz und ein Kirchweihmontag wurde vielerorts gleich noch drangehängt. Ein katholisches Hochfest eben!

Aber heute? Wie sieht es mit Kirchweih heute aus? Und wie steht es um die Kirche? Das Wort von Papst Franziskus gibt jedenfalls zu denken. „Ich kann Christus nur in und mit der Kirche nachfolgen.“  Viele werden abwinken. Lass den nur reden. Ich brauche doch die Kirche nicht, um Christ zu sein. Kirche und Glaube, das sind doch zwei Paar Stiefel… So manche treten sogar aus der Kirche aus und glauben, dafür gute Gründe zu haben. Ein schlechtes Gewissen haben jedenfalls viele nicht. Wenn man den Berichten in den Medien Glauben schenken darf… Man kann es schon gar nicht mehr hören! Vielleicht ist aber auch die Kirchensteuer dran schuld oder ganz einfach mangelndes Interesse an diesem „Verein“. Es besteht mithin Klärungsbedarf. Und vielleicht ist das schon das erste Missverständnis: Die Kirche ist kein Verein. Das liegt allein schon daran, dass passive Mitglieder nicht vorgesehen sind. Was ist sie dann? Eine „Institution“? Die „Institution Kirche“… Das klingt nicht gerade sympathisch, weil abstrakt, anonym und ziemlich weit weg. Aber die Kirche ist eine Institution, weil sie von Jesus Christus gegründet worden ist. Sie ist eine ur-christliche Einrichtung, freilich mit zutiefst menschlichen Zügen.

Und dann ist auch oft von „Amtskirche“ die Rede. Ämter sind auch nicht gerade beliebt. Und doch werden schon in den Pastoralbriefen des Neuen Testamentes verschiedene Ämter in der Kirche beschrieben. Aber was alle kirchlichen Ämter miteinander verbindet: Sie haben eine klare Dienstfunktion. Der oberste „Amtsträger“, der Papst, trägt den ehrenvollen Titel „Diener der Diener Christi“. Eine Kirche jedenfalls, die nicht dient, dient zu nichts. Halten wir an dieser Stelle fest:  Jesus wollte eine Kirche. Seine Kirche für alle, die ihm auf dem Weg zu Gott folgen wollen. „Jesus ja, Kirche nein“, dieses altbekannte Schlagwort lässt Papst Franziskus nicht gelten. „Ich kann Christus nur in und mit der Kirche nachfolgen.“

Freilich hat man am Beginn des Christentums weder von Institution noch von Amtskirche gesprochen. Der Apostel Paulus entfaltet viele und bessere Gedanken, um das, was Kirche ist und was sie will, ins Bild zu bringen. So spricht er von der Kirche als „Leib Christi“ (vgl. 1 Kor 12). Ein lebendiger Vergleich, der vieles verständlich macht: Alle in der Kirche gehören organisch zusammen. Und doch kommen den einzelnen Gliedern ganz unterschiedliche Aufgaben zu. Auf kein Glied kann man so einfach verzichten. Und wenn es einem, vielleicht sogar dem kleinsten Glied schlecht geht, leidet der ganze Leib. Wir kennen das aus eigenem Erleben. Und Jesus? Er ist das Haupt des Leibes. Er gibt uns zu denken, wie dieser Leib „funktioniert“ und so gut leben kann. Darum geht es auch bei Kirche, dass sich jeder einzelne einbringt zum Wohle aller. Also: Eintreten statt austreten!

Ein anderes Bild für Kirche ist „Volk Gottes“. Oder noch genauer gesagt: Das „Pilgernde Gottesvolk“. Auch dieses dynamische Bild, auf das im II. Vatikanischen Konzil immer wieder Bezug genommen wird, passt gut zu Kirche, denn wir sind alle auf dem Weg. Und unser Leben wird durch die Kirche zu einem gemeinsamen Pilgerweg hin zu Gott. Die Kirche ist als Glaubensgemeinschaft nun mal nichts für Einzelgänger, die ihre eigenen Wege gehen und ihr „eigenes Ding“ machen wollen. Wie heißt es so treffend: „Ein Christ ist kein Christ.“ Wir sind gemeinsam unterwegs in einer Art Weggemeinschaft mit Jesus Christus. Ihm folgen wir, denn er geht uns voraus und weiß am besten, wo´s langgeht.

Am naheliegendsten ist wohl das Bild vom Haus. An Kirchweih sowieso. Denn der „Kirchweihschlager“ schlechthin lautet ja: „Ein Haus voll Glorie schauet weit über alle Land!“ Wer denkt da nicht an unsere Pfarrkirche. Ein prächtiges Gotteshaus; weithin sichtbar und kostbar ausgestattet. An Kirchweih haben wir allen Grund, unseren Vorfahren dankbar zu sein! Und doch dürfen wir auch den Gedanken von Kirche als Haus Gottes weiterdenken. Im Neuen Testament ist vom „Tempel“ die Rede und den „lebendigen Steinen“. Es leuchtet ein: Die Kirche Jesu Christi ist nicht aus toten Steinen erbaut, sondern aus lebendigen – den Gläubigen. Es gibt das große gemeinsame Haus der katholischen Weltkirche. Es gibt die Ortskirchen, etwa die Diözese Augsburg. Und die Pfarrkirche als Zuhause aller Christen, die in unserer Gemeinde leben. Und dann vergessen wir nicht die Hauskirche: Das ist die Familie, in der der Glaube grundgelegt und am unmittelbarsten geteilt wird. Jesus ist dabei immer der Eckstein, der alles zusammenhält. Oder sagen wir besser: der uns alle zusammenhält. Wenn die Kirche nur noch äußerlich gesehen wird und nicht mehr innerlich lebt, dann wird sie zu einem Museum. Genau das aber ist Kirche nicht: Ein Museum – oder „was von gestern“. Im Gegenteil! Während die Welt vergeht, ist das Reich Gottes, das die Kirche verkündet und zu dem sie unterwegs ist, im Kommen. Darum ging es Jesus in seinem Beten. Und so beten wir mit ihm „Dein Reich komme!“ Auch zu uns und durch uns in diese Welt.

Ach ja, das Gebet beginnt mit den Worten „Vater unser“. Und das ist dann vielleicht das schönste Bild von Kirche: ein Familienbild. Denn wir alle sind ja durch die Taufe zu Kindern Gottes geworden. Und damit Brüder und Schwestern mit Jesus und auch untereinander. Der christliche Glaube ist in seinem Wesen Familienreligion. Genau das sollten wir in der Kirche wieder mehr erfahrbar machen. Dass wir miteinander leben, aufeinander schauen und füreinander sorgen und eintreten. Und wird die Kirche nicht oft auch als Mutter bezeichnet? Die „Mutter Kirche“. Eine fast schon anrührende Bezeichnung, die uns ans Herz legt, wie wir mit der Kirche umgehen sollten: Liebevoller.

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