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Krippe und Kreuz

Krippe und Kreuz
Gedanken zum Fest des Heiligen Stephanus

In einer Zeit, in der so manches nicht mehr geht, geht der Spaßfaktor für so manche gegen. Das muss nicht unbedingt von Schaden sein. Denn wenn weniger Spaß macht, hat man umso mehr Grund, nah echter Freude zu suchen. Und das lohnt sich. Freude und Spaß sind nun mal nicht dasselbe. Was Freude und Spaß grundlegend unterscheidet? Einen Spaß sollte man nicht ernst nehmen. Die Freude dagegen durchaus –wie schon Seneca betont hat. Wir nehmen Weihnachten ernst. Und erfahren so den Grund unserer Freude.

Auch das Leben sollten wir ernst nehmen. Ein ernstes Wort verdanken wir dem ukrainischen Regisseur und Menschenrechtsaktivisten Oleg Senzow. Träger des Sacharow-Friedenspreises 2018.  Am 17. September kam er im Zuge eines Gefangenenaustausches nach fünf Jahren frei. Noch aus seiner Zelle hat er der Weltöffentlichkeit mitgeteilt: „Es kommt nicht darauf an, wann ich sterbe, sondern warum.“ Eine bemerkenswerte Frage, die man schon einmal an sich heranlassen: „Warum und wofür wäre ich bereit zu sterben?“ Das hängt wohl davon ab, wofür ich lebe. Wir merken: die Frage passt zu Weihnachten. Wie die Krippe zum Kreuz.

Zunächst ist es ein Wunder der Weihnacht, dass das Kind tatsächlich überlebt hat. Es musste nicht sterben, weil Menschen, mit denen wir Weihnachten feiern, sich für das Kind eingesetzt haben: Allen voran Maria und Josef und dann auch die Hirten. Ihrem Einsatz ist es zuerst zu verdanken, dass wir heute Weihnachten feiern dürfen.

Aber warum musste eigentlich Jesus sterben? Auch diese Antwort liegt vor uns – in der Krippe. Weil Gott Mensch geworden ist – und auch noch so: nackt und bloß in einer Krippe. Und weil er in Jesus ganz Mensch geblieben ist. Das konnte und wollte man nicht glauben. Gott war vielen Menschen offenbar zu nahe gekommen.

Aber so ist es: Krippe und Kreuz liegen ganz nah beieinander. Nur 33 Lebensjahre voneinander getrennt, gehören sie zuinnerst zusammen. Was Krippe und Kreuz miteinander verbindet? Es ist die Liebe: In der Menschwerdung ist die Liebe Gottes unter uns sichtbar geworden. „Liebe schenkt Leben!“ Am Kreuz findet diese Liebe ihre Vollendung: „Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben hingibt für seine Freunde.“ Dieser Tage habe ich ein Bild geschickt bekommen. Es zeigt das kleine Jesuskind wie es da liegt, voll Vertrauen – aber nicht in der Krippe, sondern auf dem Holz des Kreuzes. So als würden die Worte vom Ende schon von allem Anfang vorweggenommen: „Vater, in deine Hände lege ich voll Vertrauen meinen Geist!“ Menschwerdung Gottes – mit letzter Konsequenz.

„Mach sicher, dass das, wofür du lebst, auch wert ist, dafür zu sterben.“ Für Jesus war es die Liebe zu Gott und zu uns, den Menschen. Dafür stehen die Menschen, die an der Krippe standen. Und sich durch all die Jahrhunderte nach Christi Geburt dazugestellt haben. Alle, die sich um das Kind gekümmert haben und Jesus dadurch die Möglichkeit gaben, in ihr Leben hineinzuwachsen und größer zu werden in dieser Welt. Es sind Zeugen für Weihnachten. Unter ihnen allen voran die christlichen Märtyrer. Der erste von Ihnen steht heute, am 2. Weihnachtstag, an der Krippe. Es ist Stephanus.

Stephanus war der erste Diakon der Kirche. Stephanus hat Jesus angenommen und in seiner Liebe zu Gott und den Menschen zutiefst verstanden. Als einer der ersten sieben Diakone der Kirche wird Stephanus mit dem sozialen Dienst in der Gemeinde betraut. Er geht dahin, wohin auch Jesus Christus gegangen ist, zu den Armen und Schwachen. Stephanus geht an den Rand. Aber zugleich ist und bleibt er ganz bei Gott. Deshalb kann er große Zeichen und Wunder tun. Und er legt unerschrocken Zeugnis ab. Das kann gefährlich werden!

Aber, wie gesagt: Stephanus wusste, wofür er lebt. Und er war bereit, dafür zu sterben. Und wie er gestorben ist! Mit offenen Armen und voller Vertrauen; betend für seine Peiniger und Steiniger. Hat nicht auch Jesus am Kreuz noch gebetet für sie, die ihn ans Kreuz gebracht haben!

Weihnachten sucht Zeugen. Gott sucht sie auch unter uns. Worum es geht? Dass wir das Kind aus der Krippe holen. Dieses Kind, das bei unserer Taufe ja hineingelegt wurde in die Krippe unseres Herzens. In der Hoffnung, dass es hineinwachsen kann in unser Leben. Mit aller Konsequenz. Und damit nicht jeder sich selbst der Nächste bleibt. Und wir uns nicht nach dem richten, was alle sagen, sondern, was er uns zu sagen hat.

Schauen wir Jesus in die Augen. Lassen wir uns von ihm ansprechen. Versuchen wir, ihn zu verstehen. Und folgen wir ihm dann nach. Weihnachten gibt dafür reichlich Zeit, wenn wir sie nutzen, diese Weihnachtszeit. Nehmen wir Weihnachten nie auf die leichte Schulter. Nehmen wir Weihnachten ernst. Die Menschwerdung Gottes hat´s verdient. Dann wird für uns Weihnachten zum Grund echter Freude. Und die hat mit Spaß, wie wir gesehen haben, herzlich wenig zu tun. Dafür umso mehr mit Vertrauen. Fassen wir Mut zum Vertrauen. Wir werden ihn gut gebrauchen können, geht es doch in wenigen Tagen darum, mit Zuversicht und beherzt ein neues Jahr zu beginnen.

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