l

Ostern nachbereiten

Ostern nachbereiten
Gedanken zur Osterzeit

Vorbereitung ist wichtig. Aber wie sieht es mit der Nachbereitung aus? Wir denken voraus, planen voraus, schauen voraus und gehen voraus…. Gewiss, man lebt mit dem Blick nach vorne. Aber verstehen werden wir am Ende nur, wenn wir uns immer wieder auch Zeit nehmen für die andere Blickrichtung, nicht nur vorbereiten, sondern auch nachbereiten. Nachdenken, nachgehen. Nur das, was einwirken kann, wirkt sich am Ende auch aus.
Wir stehen mitten in der Osterzeit. Ja, Ostern braucht Zeit. Und es kommt bestimmt nicht von ungefähr, dass die Vorbereitung auf Ostern 10 Tage kürzer ausfällt als die Nachbereitung – bis Pfingsten. Ostern muss nachhaltig nachwirken.
Und bei allem, was uns sonst so umtreibt: gibt es ein wichtigeres Thema als Auferstehung? Es geht hier um Leben und Tod! Und damit letztlich um alles.
Gehen wir also Ostern nochmals nach…
Ostern zu Sprache bringen. Darum geht es heute mehr denn je. Mit wem haben Sie in diesen Wochen schon darüber gesprochen?

Wer glaubt denn so was?
Manchmal verstecken wir uns zu zaghaft hinter Kirchenmauern, so als hätte Pfingsten noch nicht stattgefunden. Andere sind da viel offensiver mit dem Thema.
Pünktlich zu Ostern brachte es der Spiegel wieder auf die Titelseite, den Auferstandenen mit der Schlagzeile: „Wer glaubt denn sowas? Warum selbst Christen keinen Gott mehr brauchen.“ Ich dachte mir, wer liest den sowas? Und mir darüber klar geworden, dass ich ohne Gott nichts anfangen kann, weil ich Gott brauche. Er würde mir unendlich fehlen!
Aber es scheint nicht allen so zu gehen. Die Spiegelmacher scheinen anderer Ansicht zu sein.  Wer glaubt denn an sowas wie die Auferstehung von Toten. Schon der große Aufklärer Jean-Jacques Rousseau hat gegen Ostern rebelliert: „Selbst wenn ich dem Schauspiel einer Totenerweckung zuschauen könnte, so würde ich doch viel eher wahnsinnig als gläubig werden.“
Ist Ostern ein Grund zur Verzweiflung, zum „Wahnsinnig-Werden“. Oder der Grund unseres Glaubens, Grund unserer Hoffnung? Auferstehung ja oder nein? Das ist der Dreh-  und Angelpunkt unseres Glaubens. Und am Ende eine Frage des Überlebens.
Schon Paulus macht das seiner Gemeinde in Korinth unmissverständlich klar: „Ist aber Christus nicht auferweckt worden, dann ist damit auch unsere Verkündigung nichtig und nichtig ist euer Glaube. Dann aber stehen wir auch als falsche Zeugen Gottes da, weil wir gegen Gott Zeugnis dafür abgelegt haben, er habe Christus auferweckt, während er ihn doch nicht auferweckt hat (…). Ist aber Christus nicht auferweckt worden, dann ist euer Glaube unsinnig, dann seid ihr noch in eueren Sünden.“ (1 Kor 15, 14-17) Und er schließt sein Bekenntnis an: „Nun aber ist Christus auferweckt worden von den Toten!“ (1 Kor 15, 20)
Wie kommt Paulus zu dieser Überzeugung? Wie kann er das behaupten? Paulus hat die Auferstehung nicht „live“ miterlebt und ist dem Auferstandenen auch nicht in den Tagen nach seiner Auferweckung selbst begegnet. Aber er kennt Zeugen, die dafür stehen, weil sie dem Auferstandenen leibhaftig begegnet sind. Diese Zeugen sind für ihn überzeugend. In 1 Kor 15, 5-7 listet er sie eigens auf. Offensichtlich ging es schon Paulus, dem gebildeten Pharisäer, um Glaubwürdigkeit. Ostern ist kein „Fake“. Das gibt er seiner Gemeinde in Korinth schriftlich.

Gute Gründe für die Auferstehung
Aufschreiben musste man zunächst natürlich nichts. Wenn wir nachdenken, was wir uns aufschreiben müssen: wohl nur, was wir vergessen könnten. Begegnungen mit einem Auferstandenen aber vergisst man nicht. „Jesus lebt! Der Herr ist wahrhaft auferstanden!“  So oder so ähnlich hat sich die urchristliche Botschaft wie ein Lauffeuer ausgebreitet.
Freilich hat Ostern nicht mit einem lautstarken „Halleluja!“ begonnen. Am Ostermorgen begegnen noch Furcht im Morgengrauen und Frauen, die sich auf den Friedhof wagen. Tot ist tot, todsicher! Und doch: Sie und alle, die nach ihnen den Leichnam suchen, finden ihn nicht. Dagegen wird etwas Unerhörtes verkündet: „Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten. Er ist nicht hier sondern er ist auferstanden!“ (Lk 24, 6) Aber wenn  nicht im Grab, wo sollen sie Jesus denn suchen? Wo werden sie ihn finden? Eines ist an dieser Stelle festzuhalten: den Leichnam Jesu hat man bis dato nirgends gefunden… Warum wohl?

Das leere Grab beweist noch nicht wirklich die Auferstehung. Aber es stellt die Frage: wo ist Jesus geblieben? Tot oder lebendig…  Schon das Matthäusevanglium bringt den Verdacht ins Spiel, die Jünger hätten ihn stehlen können. Denkbar wäre das. Darauf setzen die Pharisäer und bestechen die Wachsoldaten… (vgl. Mt 28, 11-15). Fragt sich nur, warum in Gottes Namen hätten die Jünger eine Leiche stehlen sollen? Sie werden wohl alle froh gewesen sein, ihre eigene Haut gerettet zu haben. An einem toten Jesus, der ja am Kreuz auch von Gott verlassen schien, konnten sie wirklich kein Interesse haben. Schon eher seine jüdischen Gegner. Für sie konnte sein Tod als Triumph gewertet werden, dass sie im Recht waren und Jesus eben alles andere als der Messias. Aber weder sie noch irgendjemand sonst macht von dem Leichnam Gebrauch. Jesus taucht tot nicht mehr auf.

Oder war das Grab gar nicht leer? Auch dieser Einwand wird manchmal gebracht. Vergessen wir an dieser Stelle nicht: das Grab gehörte Josef von Arimatäa, der übrigens in allen 4 Evangelien namentlich genannt wird. Er war eine Bekanntheit in Jerusalem und sein Grab damit keine x-beliebige Ruhestätte. Ein so bekanntes Grab mit seinem nicht weniger bekannten „Bewohner“ wäre sicher besucht worden. Eine gewisse Verehrung hätte eingesetzt. Wie man ja auch den enthaupteten Leichnam des Täufers Johannes von Herodes erbeten, bestattet und sein Grab dann verehrt hat. Nichts von alledem aber fand im Falle Jesu statt. Und seinem Grab wird bald nirgendwo irgendeine Rede sein. Es war nicht mehr von Interesse.

Und wenn Jesus überlebt hätte? Die sogenannte „Scheintod-Debatte“ feiert ja neuerdings wieder fröhliche Urständ. Es ist sogar von einem netten Lebensabend Jesu mit Maria Magdalena in Indien die Rede. Klingt ganz schön hip! Ist es aber wenig glaubwürdig. Zunächst rein medizinisch argumentiert: Wer sich eine Geißelung auf dem Weg zu Hinrichtung vorstellen mag, den geschundenen Kreuzbalkenträger sechs Stunden am Kreuz, am Ende seiner Kräfte. Dann noch der Stoß mit der Lanze ins Herz… Selbst mit modernster  Intensivmedizin wäre Jesus nicht zu retten gewesen. Er war tot. Und von einem fröhlichen Feierabend nach überstandener Kreuzigung ist ja auch nirgends die Rede. Glaubt denn jemand, Jesus hätte sich so mir nichts dir nichts aus dem Staub machen können. Seine Jünger zurücklassen, die dann samt und sonders bis auf Johannes in den Tod gehen für eine Auferstehung, die es gar nicht gegeben hat?

Aber noch haben wir Jesus nicht gefunden. Halten wir bis hierher fest: Jesus war tot – und das Grab war leer und der Leichnam – unauffindbar! Wo bist du Jesus? Die Frage kann nur einer klären. Er selbst. Jesus. Wenn er wirklich auferstanden ist, dann muss er sich zeigen. Er muss schon kommen. Und er ist gekommen! Immer wieder bringt er viel Verständnis für all jene auf, die das Unglaubliche nicht glauben können. Denn eines ist schon wahr: Rund um Ostern begegnen uns an keiner Stelle leichtgläubige, naive Menschen… Maria ruft Jesus im Friedhof bei ihrem Namen, den Jüngern von Emmaus erklärt er unterwegs lang und breit, warum alles so kommen musste. Gibt ihnen gewissermaßen Nachhilfeunterricht. Und auch dem Thomas kommt er acht Tage danach entgegen. Bietet ihm sogar als  Berührungspunkte seine Wunden an.
Am Ende besteht bei allen kein Zweifel mehr: „Wir haben den Herrn gesehen!“ (Joh 20, 25) Jesus lebt! Wie gesagt,  so was muss man sich nicht aufschreiben. Das kann man sich merken. Und so etwas erzählt man auch weiter. Aber wie? In den Evangelien, die später alles aufgeschrieben haben, weil die Augenzeugen langsam gestorben sind, merkt man deutlich: wie schwierig zu beschreiben ist, was unbeschreiblich ist!

Bei allen Osterberichten wird aber eines ganz klar: Jesus ist nicht mehr der „Alte“. Er erscheint verklärt. Petrus, Jakobus und Johannes mögen sich zurückversetzt gefühlt haben auf den Berg Tabor, den Berg seiner Verklärung…. Jetzt geht der verklärte Herr durch ängstlich verschlossene Türen, isst mit den Jüngern am See von Genezareth. Er ist kein Geist. Er ist wirklich derselbe und doch so anders derselbe. Jesus selbst war da. Und ist dann doch wieder weg. Festhalten kann man ihn nicht. Er ist schon viel weiter.

Am Ende all der Osterbegegnungen begegnen wir Osterzeugen, die wie ausgewechselt sind. Ostern bringt sichtbar eine 180-Grad-Wende. Dreh- und Angelpunkt waren die Begegnungen mit dem Auferstandenen. Vorher versteckt, verängstigt und verleugnend gehen die Jünger nach der Osterzeit an Pfingsten ganz aus sich heraus. Mutig und entschieden. Niemand und nichts wird sie davon abhalten können, zu bezeugen, dass er lebt. Und alle bis auf Johannes werden ihr Leben hingegeben. Stephanus und Jakobus schon sehr bald. Sie alle haben den Tod nicht gesucht. Sie haben die Botschaft des Lebens verkündet. Und sie waren bereit für diese Botschaft zu sterben. Weil sie an sein Überleben geglaubt haben. „Jesus lebt – mit ihm auch ich. Tod wo sind nun deine Schrecken!“ Hätten sie das mit tödlicher Konsequenz getan, wenn Jesus nicht auferstanden und ihnen nicht begegnet wäre?

Ostern Glauben schenken!
Darf man den Jüngern glauben? Diese Frage hat Paulus umgetrieben. Auch er ist ein wichtiger Osterzeuge. Schließlich hat er die Anhänger Jesu bis aufs Blut verfolgt. Die Steinigung des Stephanus angeordnet. Vor Damaskus stürzt er zu Boden. Ist wie von Blindheit geschlagen… und auf einmal gehen ihm die Augen auf – für Jesus. Aber ist diese Vision echt? Was ist da dran? Diese Frage treibt Paulus bereits 14 Jahre vor dem berühmten Apostelkonzil (Gal 2,1 ff), also im Jahr 34, zu den Zeugen nach Jerusalem (vgl. Gal 1, 18 ff). Er unterhält sich 15 Tage lang mit Petrus und Jakobus, die es ja wissen müssen. „Auferstehung – ja oder nein?“ dürfte dabei wohl das alles bestimmende Thema gewesen sein. Bei Paulus wird diese Begegnung alle Zweifel ausräumen. „Nun aber ist Christus auferweckt worden von den Toten!“ (1 Kor 15,20) Die Säulen der Urkirche haben seinen Glauben unerschütterlich gemacht. Nun wird auch er ein glühender Apostel der Auferstehung bis hinein in den Tod.
Und: „Wer glaubt denn sowas?“ Um am Ende nochmals zurückzukommen auf Spiegel-Schlagzeile zu Ostern. Ich denke, wir Christen haben alle guten Gründe, an die Auferstehung zu glauben. Alle Argumente die immer wieder dagegen eingewendet wurden, am Tag danach bis zum heutigen, haben mich nie wirklich überzeugen können.

Und dann auch noch dies: Wir haben „die Gnade der späten Geburt“. Hinter uns liegt eine zweitausendjährige Wirkungsgeschichte österlichen Glaubens. Mit ihren ungezählten Osterzeugen, auf deren Bekenntnis sich unser Glaube heute stützen kann. Es sind die vielen Märtyrer, die die Auferstehung in ihrem Tod bezeugen. Und die ungezählten Christen, die aus der österlichen Botschaft ungeahnte Lebenskraft für ihr Tun und Wirken zogen. Sie sind bis heute echte Lebensweise dafür, dass Jesus lebt – und das mitten unter uns.

Ostern ist nie vorbei. Ostern ist unsere Zukunft. Wenn wir uns Zeit nehmen,  immer wieder auf uns wirken zu lassen, was damals geschehen ist. Und uns dann hoffnungsvoll ausstrecken in Erwartung dessen, der wiederkommt. Wie wir es in jeder Heiligen Messe als Geheimnis des Glaubens bekennen: „Deinen Tod o Herr verkünden wir und deine Auferstehung preisen wir, bis du kommst in Herrlichkeit.“
Die Osterzeit geht nicht von ungefähr bis Pfingsten. Bitten wir deshalb um den  Beistand, der uns in die volle Wahrheit einführen wird. Der uns lebendig macht. Denn, wie Paulus verspricht: „Wenn der Geist dessen in euch wohnt, der Jesus von den Toten auferweckt hat, dann wird er, der Christus Jesus von den Toten auferweckt hat, auch euren sterblichen Leib lebendig machen durch seinen Geist, der in euch wohnt“ (Röm 8, 11).

Share