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Weihnachts-Ansprache

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Weihnachts-Ansprache

„Was erwarten Sie sich von einer guten Weihnachtspredigt?“ Alle Jahre wieder findet sich diese Umfrage in der ein oder anderen Tageszeitung. Als ob davon Weihnachten abhinge! Sei´s drum… Der Wunschzettel der Befragten ist offenkundig lang. Und die Erwartungen durchaus verschieden, was denn der Pfarrer nun predigen soll.

Die einen meinen, es dürfe nicht zu sentimental werden. Man könne Weihnachten nicht abschotten von den Problemen der Welt. Weihnachten war schließlich eine schwere Geburt. Und auch heute feiern Menschen unter schwierigen Bedingungen dieses Fest. Also alles andere als sentimental…

Andere wiederum wollen nicht auch noch an Heilig Abend mit Problemen konfrontiert werden. Kann ich auch wiederum verstehen. Irgendwie spüren wir ja an Heilig Abend die Sehnsucht nach ein wenig heiler Welt, nach ein bisschen Frieden. Ist das denn zu viel verlangt?

Auf alle Fälle soll die Predigt nicht zu lange dauern, schließlich ist es schon spät und so warm auch wieder nicht…

Wenn Sie mich fragen: Der Pfarrer kann sich seine Predigt gleich sparen. Die Predigt liegt schließlich schon längst, seit über 2000 Jahren, in der Krippe. Kein Mensch hat sie sich ausgedacht. Sie ist wahrhaft göttlich. Und die „himmlische Ansprache“ fällt an Weihnachten denkbar kurz aus: „Ich will Mensch werden.“ Das will zumindest Gott. Darum feiern wir überhaupt Weihnachten.

Damit könnten wir „Ja und Amen“ sagen. Nur war und ist es mit der Umsetzung der Menschwerdung nicht eben einfach. Selbst Gott hatte damit so seine Probleme. Viele wollten nicht daran glauben, dass Gott Mensch wird. Ja, viele haben an Heilig Abend buchstäblich „dichtgemacht“. Jedenfalls war in keiner Herberge Platz für ihn.

Kann das für Gott ein Problem sein? Für einen Gott, der bei seiner Menschwerdung auf Menschen setzt, sehr wohl. Das mit der Menschwerdung hat Gott durchaus ernst genommen. Und es ist ja bis heute für ihn alles andere als einfach, einen guten Platz zu finden. Damals wie heute liegt alles daran, ob es Menschen gibt, die guten Willens sind. Und weil Gott nichts auf eigene Faust macht, sondern nur mit uns und am Ende ja auch für uns, braucht es an Weihnachten Menschen, die guten Willens sind. Das war damals so und heute ist es nicht anders.

Weihnachten lag schon immer am guten Willen des Menschen. Denken wir zunächst und vor allem an Maria, mit ihren 14 Jahren in Nazareth. Hätte sie nicht eingewilligt, wäre Weihnachten ausgefallen.

Kommen wir zu Josef. Wäre er im Traum nicht der göttlichen Eingebung gefolgt, hätte er seine Verlobte tatsächlich entlassen. Maria hätte es alleine nie geschafft.

Nach 100 Kilometern hoch schwanger in Betlehem. Hätten die Hirten nicht Platz im Stall geschaffen, wäre die schwere Geburt am Ende wohl nicht geglückt. Kalt ist es im Winter auch in Betlehem. Aber auch die Hirten waren Menschen guten Willens, obwohl sie von allen anderen an den Rand der Gesellschaft gedrängt wurden.

Die Menschwerdung Gottes konnte zu guter Letzt aber dann doch stattfinden. Damit besteht die Predigt Gottes bereits aus zwei wichtigen Gedanken. Gott will Menschen werden. Und: Menschwerden gelingt nur mit gutem Willen.

Bleibt noch ein drittes Anliegen. Der Friede. Wenn es mit der Menschwerdung gelingt, weil da guter Wille ist, dann herrscht Friede. Das verbinden wir ja auch alle mit Weihnachten, ein bisschen Frieden für eine oft so friedlose Welt. Und wenn ein bisschen Frieden gelingt, dann doch an Weihnachten.

Die göttliche Predigt ist kurz und bündig. Sie lässt sich in der himmlischen Ansage der Engel auf den Hirtenfeldern zusammenfassen: „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden den Menschen, die guten Willens sind.“

Ja, auch das ist wichtig: Gott die Ehre geben, der die innere Größe hat, sich so klein zu machen. Warum er es getan hat? Weil Gott sich nach dem Menschen sehnt! Und er sehnt sich so sehr nach uns, dass er sich in unsere Haut steckt. „Homo desiderium Dei“, hat es der Heilige Augustinus einmal genannt: „Der Mensch ist die Sehnsucht Gottes“. Das geht mir an Weihnachten schon nahe. Und ich spüre, wie sehr wir Gott doch am Herzen liegen. Wie sehr er hofft, dass wir es auch versuchen, das mit der Menschwerdung. Weihnachten will uns alle Jahre dafür gewinnen: „Mach´s wie Gott, werde Mensch.“

Machen wir es nicht kompliziert. Das Kind in der Krippe macht es uns doch so leicht. Lassen wir uns anlächeln und lächeln wir zurück. Nur keine Berührungsängste! Nehmen wir das Kind heraus aus der Krippe, nehmen wir es an, hinein in unser Herz. Damit es, damit er –Jesus Christus- hineinwachsen kann in unser Leben.

Wenn wir uns im kommenden Jahr wieder einmal fragen, warum die Welt so ist, wie sie ist, dann erinnern wir uns am besten an die Weihnachtsansprache Gottes. Bemühen wir uns um den guten Willen, ein wenig mehr Mensch zu werden. Und schon wird die Welt ein wenig menschlicher. Und orientieren wir uns dabei am besten an Jesus Christus. Denn in ihm hat uns Gott gezeigt, wie es gelingt, Mensch zu werden.

Halten wir als fest:Wenn wir wollen, ist Weihnachten.“ Und fassen wir zusammen:

Maria hat gewollt.
Sie wollte das kleine Kind.
Sie wollte, dass alles so kam.
So wurde Weihnachten.

Josef hat gewollt.
Er wollte seine Maria zur Frau.
Er wollte das fremde Kind von ihr.
So wurde Weihnachten.

Jesus hat gewollt.
Er wollte Maria und Josef.
Er wollte den Stall in Bethlehem.
So wurde Weihnachten.

Die Hirten haben gewollt.
Sie wollten dem Engel folgen.
Sie wollten das Kind in der Krippe sehen.
So wurde Weihnachten.

Unzählige Menschen haben gewollt.
Sie wollten Jesus, Maria und Josef.
Sie wollten das ganze Weihnachten.
Wenn wir wollen, ist Weihnachten.

(Clemens Herbst)

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